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Swjatój Nos, Ust-Barguzin

27.8.2005

Am Morgen packen wir die Zelte wieder ein und werden von zwei grauen kleinen Bussen weitertransportiert. In unserem stinkt es etwas nach Benzin. Es geht auf der Piste, die wir hergekommen waren, wieder nach Südwesten durch Birken- und Kieferwälder. Auf der Halbinsel Святой Нос stellen wir dann unsere Zelte wieder auf. Das Besondere an diesem Ort: unzählige kleine, winzige Mücken. Die beißen, was das Zeug hält und treiben einen fast zum Wahnsinn. Baikalstrand mit Swjatoj Nos Baikalstrand an der Landbrücke zum Swjatoj Nos mit eben demselben im Hintergrund Ich werde mehrmals fast hysterisch weil es überall krabbelt und beißt. Das Essen macht keinen Spaß und alles ist schrecklich. Es lässt sich nur aushalten, wenn man in Bewegung bleibt oder direkt im Rauch des Feuers steht. Erst als es schon finster ist, wird es einigermaßen erträglich.

Der Strand ist stellenweise fast einen halben Meter hoch mit Holzspänen bedeckt und auch im Wasser schwimmen kleine Kohlestückchen herum und es sieht deswegen schwarz aus. Wir sind am Scheitelpunkt einer großen Bucht. Rechts sind die Berge der Halbinsel, die bis über 1800m hinaufreichen, links ist das Festland. Hundert Meter in Richtung Festland lagert ein Exkursionstrupp der Uni Bonn. Einige waren schon bei uns und haben Interviews durchgeführt. 28.8.2005

Anja drängt massiv zum Aufstehen, als es schon relativ warm ist im Zelt. Aber ich habe absolut keinen Bock auf die Mückenplage. Trotzdem. Muss. Packen und Aufbruch zum Erklimmen des Gipfels. Es ist wieder ein warmer Tag und der Weg führt nach kurzem mit etwa hundert Prozent Steigung aufwärts. Wenn man denn noch von Weg sprechen kann. Nach mehr als zwei Stunden erreichen wir den ersten Absatz an der Baumgrenze. Hier steht in Gipfelkreuz und es gibt eine tolle Aussicht auf die Landbrücke und die beiden Buchten. Die Schatten der Wolken malen Formen auf das Wasser. Landbrücke des Swjatoj Nos Aussicht von der Baumgrenze auf die Landbrücke und die beiden Buchten

Unsere Gruppe ist total aufgesplittert. Einige sind schon weit vorraus, einige haben längst aufgegeben und sind umgekehrt. Ich beschließe, beim Kreuz auf die Gipfelstürmer zu warten. Nach einiger Zeit wird dort der Platz eng. Etwa 30 bonner Geografiestudenten drängen sich hier, kochen, essen und ziehen sich dann zu seminaristischer Arbeit und diversen Untersuchungen der Vegetation zurück. Ich hole mein Buch raus und lese in der Sonne, nur von kurzen Schauern unterbrochen, die einen schönen fast geschlossenen Regenbogen im Nachbartal hervorrufen.

Viel zu spät komme ich dann mit den russischen Mädels im Lager an. Es geht dann sofort mit den Bussen nach Ust-Barguzin weiter. Dort sind wir bei Wera Iwanowna, unserer Projektleiterin, untergebracht. Und obwohl es nicht mein erstes Mal in Russland ist, so genieße ich doch hier zum ersten Mal die Vorzüge einer Banja.

Ulan-Udé

29.8.2005

Nach einem spelzenreichen Haferbrei zum Frühstück geht es dann wieder mit einem Kleinbus 5 Stunden lang weiter bis Ulan-Ude, der Hauptstadt Burjatiens. Ich beziehe mit denen, die noch ein weng hierbleiben wollen Quartier im Studentenwohnheim, das in der Ferien als Hostel arbeitet. Wir gehen in eine kleine Poznaja [ein Imbiss spezialisiert auf Pozy], die sich gerade von Jon und Abe erholt hat und legen sie auf Gruppenkosten lahm. Pozy sind die typisch burjatischen Fleischtaschen, ähnlich wie Пельмены.

Am Abend dann erste Abschiedsszenen: Anja (Brigadir), Zhanna (Dolmetscher) und Tanja verlassen uns. Das Arbeitsprojekt ist somit offiziell beendet.

30.8.2005

Heute ist Besuch im Dazan von Iwolginsk angesagt. Hanneke und Madelaine haben einen Bus und einen Führer organisiert, der sogar deutsch kann. Die Anlage ist bedeutend größer, als die in Kurumkan. Wieder werden wir im Uhrzeigersinn außen rundherum geführt. Eine Unzahl an Gebetsmühlen will gedreht werden, und an jeder muss man eine Münze ablegen. Wenn sich die Trommeln drehen, beten sich die Gebete die drauf stehen oder drinnen aufgeschrieben sind, für einen von alleine. Jede Umdrehung ein ganzes Gebet. Sozusagen die Mechanisierung der praktischen Religion. Hier ist eine Mönchsschule für etwa 300 Schüler, die hier tibetische Medizin und Buddhismus lernen. Tempel im Dazan von Ivolginsk Tempel im Dazan von Ivolginsk "Pforte der Einweihung" "Die Pforte der Einweihung" Gebetsmühlen Gebetsmühlen

In der Mitte wird ein großes Gebäude errichtet. Wie ich erst hier in Deutschland erfahren habe, für den Leichnam eines Lamas, der vor etlichen Jahrzehnten gestorben ist und darum gebeten hatte, nach 40 Jahren exhumiert zu werden. Man fand den Leichnam in einer Kiste im Lotusblütensitz vollständig erhalten. Untersuchungen haben einen vollständigen Erhalt der Zellstruktur bescheinigt. Jetzt wird er zum Lokalheiligen. Links zum "Wunder von Iwolginsk":

31.8. – 3.9.2005

  1. September Aufg'mascherlte Erstklässlerinnen am ersten September

Die Tage stehen immer im Zeichen des Abschiedes, jeden Tag fährt jemand weg. Zwischen den Abschieden begucke ich die Stadt und lasse es mir gut gehen. Man trifft ständig bekannte Gesichter. So auch die bonner Geographen. Mit Anne fahre ich einmal aufs Dorf zu Wera. Als wir in die Küche kommen und sie mich sieht, ist das einzige was sie sagt: "Ой!" Wir erleben den ersten September, Tag des zentralen Schulbeginns: die Kinder bis 16 mit weißen Schleifen im Haar und in Anzügen, die Lehrer mit Blumen. Und die ganze Fußgängerzone, der "Arbat", wie er etwas anmaßend genannt wird, voller Menschen. Und dann kommt auch für mich der Tag der Abreise. Lenins größer Kopf Lenins größter Kopf der Welt. Der Kopf war 1971 auf der Weltausstellung in Kanada, und da sonst kein Platz für ihn gefunden werden konnte, ist er am Platz der Sowjets, dem zentralen Platz in Ulan-Ude gelandet.