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Anreise und Fahrt mit der Transsib

1. 8. – 3. 8. Moskau

Am 1. 8. 2000 geht es in Frankfurt Flughafen los. Der Flug nach Moskau dauert fast 3 Stunden. Und damit haben wir auch schon die ersten zwei Stunden Zeitumstellung hinter uns. Insgesamt werden es 7 sein.

In Moskau können wir bei Tatjana, einer Bekannten von mir, übernachten. Die Frau in der Portiersloge staunt nicht schlecht, als ein Trupp schwer bepackter Menschen das Haus stürmt. Früher saß hier die Mutter von Tanja, um ihre mehr als schlechte Rente aufzubessern. Die nächsten zwei Tage sind wir in Moskau und hier müssen wir uns noch registrieren lassen und nicht zuletzt die Stadt anschauen. Bei letzterem hilft uns Madina, eine Bekannte Valentins.

Ein weiterer wichtiger Programmpunkt ist das tägliche Hühnerfüttern. Tatjana verkauft auf ihren Reisen in den Westen russisches Holzspielzeug, das sie teilweise selber sehr kunstvoll bemalt. Meine Stehaufmännchen-Matrjoschka, die ich zwei Jahre zuvor von ihr bekommen habe, zeugt davon. Neben den Matrjoschkas gibt es noch Holz hackende und sägende Bären, diverse Löffel und Schälchen und eben auch die Hühner. Auf einer runden Holzplatte stehen sie im Kreis und bewegen ihre Schnäbel pickend abwärts, wenn man die Holzkugel, die unterhalb hängt in kreisende Bewegung versetzt. Es ist sozusagen Valentins und Juans Ehrenaufgabe jeden Abend eine viertel Stunde in jeder Hand mindestens 4 Hühnerscharen derart zu füttern.

Das Registrieren der Visa ist auch so eine lustige Sache. Im Reisebüro hat man uns eine Adresse gegeben, wo wir das erledigen sollten. Es dauert eine geraume Zeit, bis wir die Adresse finden, das Büro der Firma ist im x-ten Block einer Straße, die niemand kennt. Naja wir alle da rein und ich fange mit den Verhandlungen an, die anderen bleiben im Flur und setzen sich ob der langwierigen Prozedur da auf den Boden. Irgendwann kommt eine Dame ins Büro, in dem ich gerade versuche unsere Visaregistrierung klar zu machen und fragt, ob die zu mir gehören, irgendwie sei es schwierig über all die Beine drüberzusteigen und irgendwie würde keiner verstehen, was sie ihnen versucht mitzuteilen, nämlich, dass sie doch draußen an der frischen Luft in der Sonne warten mögen. Ich mache meinem Gegenüber klar, dass wir nur drei Tage in Moskau bleiben werden und dann am Baikalsee wandern wollen, also dafür dann eine andere Registrierung brauchen. Er guckt mich entgeistert an und fragt was er denn schreiben solle: "Am Baikalsee bei den Bären?". Aber zum Glück hat Valentin eine Adresse. Wir wissen nicht wer das eigentlich ist, aber es gibt ja eine Theorie, dass sich alle Menschen dieser Erde um 6 Ecken kennen. Also sind das ja quasi unsere Freunde. Wir lassen uns also dann für die Zeit am See an dieser Adresse registrieren. "Und übrigens, wenn jemand fragen sollte, ich bin mit euch nach Irkutsk gefahren und habe euch dort registriert. Hier darf ich das eigentlich nicht." Dann ist ja alles klar!

Wir sind ja völlig unbedarft losgefahren und haben eigentlich keine so rechte Ahnung auf was wir uns eingelassen haben. Zum Beispiel haben wir in Deutschland keine Wanderkarten vom Baikal auftreiben können. Dem wollen wir Abhilfe schaffen. Wir können tatsächlich eine Karte des Baikalsees bekommen. Im Maßstab 1:1 000 000 ... Naja, jedenfalls können wir uns schon mal grob orientieren.

3. 8. – 6. 8. Transsibirische Eisenbahn

Am 3. August geht es dann abends endlich auf die große Reise. 100 Stunden dauert die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Irkutsk. Die Fahrt selber ist echt gemütlich, man liest, trinkt Tee (oder Wodka), singt, spielt Karten, lernt die Leute kennen...

Erste Zugbekanntschaften sind geschlossen. Dima aus Sibirien, dessen Wodka wir schon verschmäht haben, ein Australier, der seinen Cousin zufällig im Zug getroffen hat. Valentin und Ruth haben mit ihren Abteilgefährten (Mutter und Kind) einen Russischintensivkurs gestartet. Dima ist bereits völlig besoffen. Die Stimmung ist gut, eher ausgelassen.

Unser Zug Verkauf aus dem Zug Sehr viel Gegend

Ich bin der einzige Ausländer im Zug, der des Russischen einigermaßen mächtig ist, und werde deswegen öfter um Übersetzung gebeten.

Etwa ab der Hälfte der Strecke beginnen die fahrenden Händler im Zug an den Bahnhöfen ihre Ware zu verkaufen. Sie sind extra nach Moskau gefahren um Westprodukte einzukaufen. Ganze Abteile wurden nur hierfür reserviert. Lange vor Einfahrt in einen Bahnhof reservieren sich die Verkäuferinnen die Fenster, aus denen sie dann am Bahnhof vor allem Klamotten, aber auch eine Wohnzimmerlampe anbieten. Und es ist ein funktionierendes Geschäftsmodell: der Bahsteig ist überfüllt mit Interessenten, die extra zum Einkaufen gekommen sind, weil sie diese Waren in ihrer Stadt nicht bekommen können.

Eine weitere lustige Sache ist die mit Oksana, einem 14-jährigen Mädchen, das mit seiner Mutter reist und bei denen im Abteil wir Karten spielen. Sie hatte sich wohl Hals über Kopf in mich verliebt als sie feststellt, dass ich noch Single bin.

Wir werden über die Unterschiede zum Westen gefragt. Dima verbreitet bei uns im Abteil Gestank nach Fisch, Bier und Wodka. Er singt seine drei Lieder je zweimal und ist enttäuscht, dass es statt Wodka und Zigaretten bei uns nur Orangensaft „für Kinder“ gibt.